Reisebericht Dezember 2019

„Klinikpartnerschaft – Partner stärken Gesundheit“
zwischen Klinikum Nürnberg und Hôpital de Bassar Togo – mit Mitteln des BMZ

Projektleiter Klinikum Nürnberg: Dr. Franz Köhler, E-Mail: franz.koehler@klinikum-nuernberg.de
Kooperationspartner Fi Bassar e.V.: Rali Guemedji, E-Mail: info@fibassar.de

Wissenschaftliche Begleitung: Institut für Nachhaltigkeit, E-Mail: barbian@nachhaltigkeit2050.de

 Einsatz in Togo von 30.11.2019 bis 18.12.2019

Erneut konnte ein Team des Klinikums Nürnberg in unserem Partnerhospital in Bassar in Togo wertvolle Hilfe leisten: Ziel war es, eine moderne Anlage zur Sterilgut-Aufbereitung zu etablieren. Finanziert wird das Projekt durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie die Else Kröner-Fresenius-Stiftung, außerdem durch Spenden und mit Mitteln des Vereins Fi Bassar e.V.

Die Teilnehmer waren: Internist Andreas Achterberg (Leiter der Notaufnahme am KNN), Sr. Rali Guemedji (Vorsitzende von Fi Bassar e.V.), Apotheker Dr. Matthias Horner (stv. Apothekenleiter, KNS), Anästhesist Dr. Franz Köhler (Projektleiter), Sr. Regina Schwarz (leitet den KNN-OP), Sr. Nicole Vetter (Intensivstation 10 II) und Chirurg Dr. Hermann Wilkening (ehemals Klinikum Nürnberg., dann Chefarzt in Neustadt/Aisch). In Togo unterstützte uns außerdem Farida Dermane (Krankenschwester aus Leverkusen, Wurzeln in Togo).

In den jeweils ersten und letzten Tagen unserer Reise in Togo gab es zahlreiche Gesprächstermine, bei denen unsere Vorhaben offiziell angekündigt und abgestimmt werden mussten. Dabei besuchten wir viele Behörden, Ministerien, Organisationen (z.B. GIZ, KfW), die Deutsche Botschaft in Togo, verschiedene Bürgermeister, einflussreiche Privatleute und die Nicht-Regierungsorganisation ONG Fi Bassar Togo.

Im Mittelpunkt des Klinikprojekts stand diesmal die Verbesserung der Hygiene und die adäquate Wasserversorgung. Bei der Inbetriebnahme des neuen Autoklaven, ebenso wie der Instrumenten-Waschmaschine, der Filteranlage, der Wasser-Aufbereitung (Herstellung von destilliertem Wasser) und des Einschweiß-Gerätes (für einzelne Instrumente) war die Expertise von Sr. Regina Schwarz unabdingbar und sehr gefragt. Der geordnete Wechsel der alten Instrumente (verbraucht, stumpf, korrodiert) gegen hochwertiges Material aus Deutschland wurde zeitgleich realisiert, so dass die neue Anlage nicht binnen kurzer Zeit wieder durch Rost und Schadstoffe beschädigt und unbrauchbar wird. Die Schulung des Personals nahm breiten Raum ein, denn es gibt weit und breit keine vergleichbaren Geräte. Und durch die Einführung moderner Reinigungsmittel werden nicht nur die Instrumente, sondern auch die Umwelt geschont. 

Durch die Einführung von sterilisierbaren OP-Hauben und Mundschützern aus Baumwolle konnte außerdem ein wichtiger Beitrag für die Abfallvermeidung und Nachhaltigkeit gleistet werden.

Gleichzeitig konnten 85 Menschen (darunter viele Kinder im Alter von ein bis zwölf Jahren) operiert werden, die ihren Eingriff normalerweise nicht bezahlen könnten. Durch die kostenlosen Operationen konnte vielen Menschen großes Leid erspart werden. Die Kollegen unserer Partnerklinik hatten schon in den Wochen zuvor in den umliegenden Dörfern und in Bassar selbst Patienten ausgewählt und

voruntersucht, sodass diesmal keine Zeit zwischen den Eingriffen verloren ging. Hermann Wilkening operierte gemeinsam mit seinen togolesischen Kollegen. Erfreulicherweise gab es weder auf chirurgischer noch auf anästhesiologischer Seite Komplikationen. Viele Kinder wurden mit kleinen Geschenken „belohnt“.

Bei der Schulung in der Ultraschalldiagnostik, die nun schon zum dritten Mal angeboten wurde, fanden sich zahlreiche interessierte Teilnehmer, die Andreas Achterberg neugierig zuhörten und mit ihm üben konnten.

Aber auch die praktische Anwendung bei akut erkrankten Patienten nahm breiten Raum ein, und die Entscheidung für oder gegen einen chirurgischen Eingriff konnte in vielen Fällen untermauert werden. Außerdem wurden auch zahlreiche internistische Patienten untersucht, beraten und mit Medikamenten versorgt.

Neu waren diesmal EKG-Schulungen im Hospital von Bassar: Mit Vorträgen, praktischen Übungen und Fachliteratur wurden die Kollegen in die für sie neue Form der Diagnostik eingeführt und waren mit großer Begeisterung bei der Sache. Nun ist auch die Akutversorgung von herzkranken Patienten in der Region einen wesentlichen Schritt weiter, aber sicher gibt es noch viel Nachholbedarf.

In der Apotheke gibt es seit kurzem eine pharmazeutisch ausgebildete Mitarbeiterin, und Matthias Horner freute sich über die konstruktive Zusammenarbeit. Die Lagerung, und Kühlung, sowie der Warenverkehr waren dort wichtige Themen.

Im Vordergrund stand diesmal aber der genauere Einblick in die Finanzströme, denn die Apotheke erwirtschaftet einen wichtigen Anteil der Einkünfte des Hospitals. Somit zahlt sich gerade in diesem Bereich eine Optimierung der Abläufe im wahrsten Sinne aus. Wieder stand uns Apotheker helfen e.V. bei unserem Projekt zur Seite und möchte dem Hospital in Bassar auch weiterhin helfen. Apotheker helfen e.V. unterstützt in den ärmeren Ländern der Welt Apotheken und Kliniken durch Beratung, Hilfseinsätze, Medikamente und Fördermittel.

Seit Jahren kämpft Fi Bassar für den Bau eines Besucherhauses auf dem Gelände des Hospitals. Nun konnten wir die Einweihung feiern! Es bietet den Begleitern der Patienten Unterkunft. In Togo wird die Versorgung mit Essen, Wäsche und Körperpflege durch Angehörige der Patienten geleistet, nicht durch das Krankenpflegepersonal. Diese Begleiter mussten bisher im Freien ausharren, sodass das neue Gästehaus auch ein wichtiger Beitrag zur Sauberkeit und Hygiene auf dem Gelände ist. Die Kosten für die Gebäude (Unterkunft, Toiletten, Duschen, Küchenraum, Pavillon) in Höhe von über 30.000 € wurden v.a. durch die Deutsche Botschaft in Togo bereitgestellt. Fi Bassar e.V. und private Spender in Togo steuerten ca. 7000 € bei. Politiker und Presse waren bei der Einweihung zugegen.

In der Geburtshilfe-Abteilung wurden wieder zahlreiche Starter-Pakete verschenkt und eine, den aktuellen Leitlinien entsprechende, Auffrischung in der Neugeborenen-Reanimation durchgeführt. Im Hospital gibt es jährlich etwa 1400 Geburten (mehr als ein Drittel davon per Kaiserschnitt)

Das von uns schon bei vergangenen Einsätzen mitgebrachte Doppler-Ultraschallgerät (Untersuchung kindlicher Herztöne) ist inzwischen ein ebenso beliebtes Hilfsmittel wie das Babytherm (im Bild mit 1100g-Zwillingen nach Kaiserschnitt, die gerade von zwei Geburtshelferinnen betreut werden).

In der Anästhesie-Abteilung freute man sich auch über zwei Notfall-Beatmungsgeräte, die dem Hospital nun einschließlich Zubehör zur Verfügung stehen. Diese Geräte werden rein pneumatisch betrieben und kommen ohne komplizierte und störungsanfällige Elektronik aus. Sie wurden vorher – wie viele andere Geräte auch – von unserer Abteilung für Medizintechnik am KNN überprüft. Die Einweisung und Schulung durch Franz Köhler machte den Kollegen sichtlich Spaß, und sie kannten die Geräte (Oxylog) bereits von ihrer Ausbildung an der Universitätsklinik in Lomé.

Auch außerhalb des Klinikgeländes war das Team aktiv: Es wurden mehrere Ausbildungsverträge abgeschlossen, mit denen Frauen in Bassar eine dreijährige Berufsausbildung finanziert bekommen, sodass diese zukünftig unabhängig sowie selbstbestimmend ihre Kinder und Familien aus eigener Kraft versorgen können.

Mit einem Augenarzt aus Sokodé und einer einheimischen Krankenschwester unternahmen Nicole Vetter, Matthias Horner und Rali Guemedji erste Schritte, um Kindern und Jugendlichen mit Fehlsichtigkeit zu einer Brille zu verhelfen. Dazu wurden verschiedene Schulen in Bassar und Umgebung aufgesucht und Sehtests bei den Schülern durchgeführt. Viele Bedürftige erhielten Brillen, die nach einem bestimmten Konzept und Baukastensystem zusammengestellt wurden, das von einem deutschen Verein entwickelt wurde.

Wir besuchten auch mehrere andere Kliniken in Togo, um uns ein Bild davon zu machen, wie es anderswo aussieht und in welcher Weise unsere Partnerschaft mit dem Hospital in Bassar weiteren Kliniken im Umland helfen könnte. Dabei verbrachten wir auch einen Nachmittag in Kara, der Hauptstadt der Region. Bei Gesprächen mit dem dortigen Gesundheitsminister und mit Vertretern der ansässigen Universitätsklinik und der staatlichen Krankenpflegeschule loteten wir Möglichkeiten aus, wie eine Kooperation mit dem Verein Fi Bassar e.V. zukünftig Gestalt annehmen könnte.

Ein weiteres, wichtiges Projekt, das der Verein Fi Bassar in der Gemeinde realisieren möchte, ist ein neues Ausbildungszentrum. Damit wird die Provinzstadt um eine Attraktion reicher, und es verschafft vielen jungen Menschen eine Perspektive. Diese Berufsschule leistet also einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in der ganzen Region. Zunächst wurde eine Straße zum Gelände geebnet, ein Brunnen gebohrt und mit dem Fundament des ersten Gebäudes begonnen. Eine Solaranlage, mehrere Gebäude und eigene Versorgungseinrichtungen sollen dazu kommen. Der Bau wird von der W. P. Schmitz-Stiftung gefördert, ein Viertel der Kosten wird vom Verein Fi Bassar finanziert. Der Grundsteinlegung wohnten zahlreiche Zuschauer, Politiker und Pressebeobachter bei.

Das Team der Klinikpartnerschaft und der Verein Fi Bassar danken vielen Menschen, die ihre Projekte unterstützen: Den Mitgliedern und Spendern des Vereins, dem Institut für Nachhaltigkeit (Dr. Dina Barbian), dem Verein Apotheker helfen e.V. (Dr. Andreas Wiegand), engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in verschiedenen Abteilungen des Klinikums (z.B. Apotheke, Materialbeschaffung, Liegenschaften, Medizintechniker, Verwaltung u.a.), der Firma Heidelberg Zement, der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), Mathias Kreibich (blauhaus Architekten Nürnberg), sowie vielen engagierten Privatpersonen und weiteren Firmen.

(Verfasser: Dr. Franz Köhler)

 

Spendenkonto Fi Bassar e.V.:

Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE88 3702 0500 0009 8165 00

 

PS: Am 19. Dezember 2019, einen Tag nach unserer Rückkehr aus Togo, wurden Rali Guemedji zusammen mit Dr. Dina Barbian (Institut für Nachhaltigkeit) von Dr. Gerd Müller (Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) nach Berlin zum Rundtischgespräch „Die Vision Togo 2030“ eingeladen. Es war eine gute Gelegenheit zu einem lebhaften Gedankenaustausch mit dem Minister und zu interessanten Begegnungen mit dem Botschafter Togos in Deutschland, S.E. Herrn Komi Bayédzè Dagoh, und zahlreichen anderen in der Entwicklungszusammenarbeit Tätigen aus beiden Ländern.

Bild links: Dr. Dina Barbian, Minister Dr. Gerd Müller, Rali Guemedji (© Institut für Nachhaltigkeit)

 

 

 

Bild rechts: Dr. Dina Barbian, Togolesischer Botschafter S.E. Komi Bayédzè Dagoh, Rali Guemedji (© Institut für Nachhaltigkeit)